Große Prozession am 5. Juli 2020

Gemeinsam mit Oberbürgermeister Markus Lewe zog Bischof Dr. Felix Genn von der Lamberti-Kirche aus in den Dom. Messdiener trugen dabei eine Nachbildung eines Pestkreuzes, dessen Original im Stephanuschor des Doms hängt. Foto: Bischöfliche Pressestelle/Achim Pohl

„Die Botschaft von Jesus Christus ist heute relevanter denn je“ Bischof Genn äußert sich aus Anlass der Großen Prozession zur Corona-Pandemie, Lebensmittelindustrie, völkischen Parolen und Suizidbeihilfe   

Jesus Christus ist „die Quelle, um für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft eine Haltung und Ethik zu entwickeln, die für die Verwundbarkeit vieler Menschen sensibel ist.“ Das hat der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, am 5. Juli in Münster betont. Der Bischof feierte auf dem Domplatz aus Anlass der Großen Prozession die Heilige Messe. Wegen der Corona-Pandemie fand statt der althergebrachten Prozession durch Münsters Innenstadt ein Gottesdienst im St.-Paulus-Dom statt. Wetterbedingt musste der ursprüngliche Plan, unter freiem Himmel zu feiern, kurzfristig aufgegeben werden.

In seiner Predigt ging der Bischof zunächst auf die Corona-Pandemie ein und sagte: „In diesem Jahr darf das Gebet um die Bewahrung vor dem Virus, um die Hilfe für die, die davon betroffen sind, um ewigen Frieden für die, die daran gestorben sind, um Stütze und Hilfe für die, die sich um die Kranken kümmern und um Kraft für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich bemühen, einen Impfstoff herzustellen, nicht fehlen.“ Und er ergänzte: „Das Merkwürdige an dieser Epidemie ist: Es handelt sich um ein unsichtbares Etwas, das mit unseren Augen nicht gesehen werden kann, nur unter einem großen Mikroskop fassbar ist, das gleichzeitig aber die gesamte Welt im Griff hält.“ Auch in der Kirche und ihrer pastoralen und liturgischen Praxis sei vieles durch die Pandemie „durchgeschüttelt“ worden. Jetzt schon Lehren daraus zu ziehen, gehe ihm zu schnell. Sicher sei aber, „dass uns diese Krise auf Fragen zurückwirft, denen wir uns stellen müssen – in Kirche, Politik und Gesellschaft.“

Der Bischof sprach verschiedene aktuelle Themen und Fragestellungen an. Zwar sei das Christentum keine Mehrheitsmeinung mehr, er sei aber fest davon überzeugt, „dass die Botschaft von Jesus Christus heute relevanter ist denn je“. Konkret ging er etwa auf die Situation in der Lebensmittelindustrie ein, in der vieles nicht stimme. Bischof Genn: „Es ist ein gesellschaftliches Problem. Es ist unser, mein Problem. Es ist nun Zeit, konkret zu handeln: Ich beim Einkaufen, wir beim Konsum, Politik in der Gesetzgebung und Kontrolle, Arbeitgeber an der Menschenwürde und Arbeitsbedingungen, alle an der Solidarität.“ 

Der Bischof wandte sich auch gegen „Aggressivität und Parolen“ und gegen eine Verrohung der Sprache. Christen seien „Menschen, die in die Schule Jesu Christi gehen“. Diese Schule gebe etwa zu bedenken, sich nicht vor Fremden, anderen Nationen und Völkern abzuschotten, sondern sich gegenseitig zu helfen und sich jeder Form des Missbrauchs, auch des Missbrauchs der Sprache im Hinblick auf völkisches Reden, zu widersetzen. So gehe es etwa darum, trotz der eigenen Not die noch viel größere Not der Flüchtlinge und Asylsuchenden nicht zu vergessen. „Menschen in Not nicht zu helfen, ist nicht christlich. Wenn wir diese Haltung einnehmen, verteidigen wir das christliche Abendland nicht, wir schaffen es ab!“, betonte der Bischof.

Auch durch die aktuelle Krise werde deutlich, dass die Menschen an Grenzen stießen. Die Menschen seien nicht dann frei, wenn sie ihre Autonomie absolut setzten, sondern wenn sie sich denjenigen zuwendeten, die Hilfe bräuchten und anerkennten, „dass wir nicht Gott sind und es überhaupt nichts bringt, uns zu Göttern zu machen.“ „Wir halten die Welt und unser Leben nicht in unseren Händen“, sagte der Bischof und kritisierte das „katastrophale Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Suizidbeihilfe“, das nicht dem christlichen Menschenbild entspreche. Bischof Genn: „Hier ist unser Zeugnis gefragt, das das Leben vom Anfang bis zum Ende unbedingten Schutz braucht. Wir können nicht die Autonomie des Menschen, gegen das Leben des Menschen ausspielen. Bedenken wir, dass auch wir zu Beginn unseres Lebens nur winzig klein, verletzlich und in großer Gefahr waren; bedenken wir, dass wir das auch am Ende sein werden. Das Leben ist die kostbarste Gabe Gottes. Es ist schön und wunderbar. Das ist auch das Wort, das uns antreibt, gegen den sexuellen Missbrauch – auch in unserer schönen Stadt – zu kämpfen. Das Leben ist gut und schön. In diesem Sinne müssen wir für die Opfer kämpfen. Ich danke allen sehr, die sich dafür einsetzen.“ 

Vor Beginn der Messe war Bischof Genn begleitet von Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe ausgehend von der Lamberti-Kirche auf direktem Weg in den Dom gezogen. Messdiener trugen dabei traditionell eine Nachbildung des historischen Pestkreuzes, dessen Original im Stephanuschor des Doms hängt. Es verweist auf die Ursprünge der Großen Prozession im Jahr 1383. Nach einer Pest-Epidemie und einem Großbrand gelobten Bürgerschaft und Geistlichkeit damals, künftig jährlich bei einer Buß- und Bittprozession um Schutz vor solchem Unglück zu beten. Der Weg wurde auf eine Leinwand im Dom übertragen.

Die Feier stand unter dem diesjährigen Wallfahrtsmotto „Ich bin da, wo du bist!“ (nach Ex 3,14). Im Dom konzelebrierten mit Bischof Genn Dompropst Kurt Schulte, Stadtdechant Jörg Hagemann und der Seelsorger der polnischen Gemeinde, Marian Wagner. Veranstalter waren das Stadtdekanat Münster und das Domkapitel. Für die musikalische Gestaltung sorgten ein Vokalquartett mit Franziska Storck, Jutta Bitsch, Benedikt Brenk und Alexander Toepper sowie die Band „peaceful tunes“ mit Christoph Tiemann, Peter Risthaus, Michael Lyra, Joachim Mönkediek und Daniel Frinken.

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